„Von Angesicht zu Angesicht“: Leitbild für die Begleitung dementer Menschen

Ich denke, dass eine demente Person sich im günstigen Fall in einen Zustand des Vieles-nicht-mehr-Wissens ,hinein entspannen kann‘, und sehe in diesem Zustand zumindest eine Verwandtschaft zu der ,erlösten‘ Entwicklungsmöglichkeit der Meditation. Man könnte sagen: Der Meditierende übt, den Verstand zu transzendieren, dem ,Dementierenden‘ passiert in gewissem Sinn ein Abstand zum Verstand und er lernt, wenn alles gut geht, damit zu leben.“ (S. Beyer (2007), 46)

„Wenn alles gut geht“ – damit dies gelingen kann, dazu sind wir als Begleitpersonen da:
Der Person mit Demenz ihr Ansehen zu geben, damit sie sich angenommen fühlt. So wie die Engel im Angesicht Gottes ALLES entdecken. Mystiker beschreiben diese Erfahrung mit Worten wie „Erleuchtung“ – die Entdeckung, dass alles ganz und vollkommen ist.

Diese Einstellung ist auch im Umgang mit dementen Menschen leitend:
Sie sind vollkommen – so, wie sie sind. So sehe ich sie an – gebe ihnen Ansehen. Denn: „Ein Mensch hat im Grunde genommen niemals wirklich Würde – es sei denn, wir geben sie ihm: Sie entsteht in und durch Beziehung.“(T. Klie, J.-C. Student 2008), 76f.) Kitwood nennt das „benigne Sozialpsychologie“ – in Abgrenzung zur „malignen Sozialpsychologie“: Wir Menschen können einander den Himmel auf Erden bereiten – oder eben die Hölle. Entscheidend ist die rechte Grundhaltung.
Ich vermute, dass das der Grund ist, warum N. Feil in ihrer Anleitung zur Validation mit dem „Zentrieren“, dem Finden der eigenen Mitte, beginnt: dem Einnehmen einer aufmerksamen, meditativen Grundhaltung, die Voraussetzung dafür ist, dass wir demente Menschen verstehen und sie sich von uns angenommen fühlen.

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