Zeit- vs Selbstmanagement

Zugleich ein Vergleich des Freedom Kompass (M.Hyatt) mit dem Energielevel-Ansatz (Dr. Förster)

Einleitung: Aporien des Zeitmanagement

„Ich habe morgens keine Zeit zum Frühstücken.“, meinte einer meiner Schüler neulich zu mir, als er zu Beginn meines Unterrichts in sein Brötchen biss.

„Irrtum!“, nahm ich den Ball auf, „Zeit haben wir alle die gleiche Menge, Sie aber haben sich entschieden diese morgens nicht zum Frühstücken zu nutzen!“

(c) DALL-E

Dieser kleine Dialog spiegelt die Ungenauigkeit des Begriffs „Zeitmanagement“ wieder: Wir haben alle dieselbe Zeitmenge pro Tag – managen können wir daher nur uns selbst! „Selbstmanagement“ ist daher der genauere Begriff.

Statt Tools dafür möchte hier einmal den Fokus auf eine zweite Größe legen, die von entscheidender Bedeutung für das Selbstmanagement ist – die eigene Energie.

Angemessener: Energiemanagement

Auch Altmeister David Allen weist dem eigenen Energiehaushalt seine Funktion zu – beim Erledigen: Die Next-Action-List wird zunächst mit den Filtern Kontexte1 und Zeitdauer2 zugespitzt. Dann kommt folgerichtig der vorletzte Filter: Wieviel Energie steht mir gerade zur Verfügung?

Time Blocking, Weekly Big Three & die Bedeutung von Energie

Meiner Erfahrung nach hat die Bedeutung von Kontexten infolge der Digitalisierung stark abgenommen, so dass den Filtern Zeit und Energie größere Relevanz zukommt. Da der Faktor Zeit aber nicht veränderbar ist, habe ich diese im besten Fall bereits im Kalender für meine wichtigen Aufgaben3 geblockt. Entscheidend ist also: Habe ich zu diesem geplanten Zeitpunkt auch die nötige Energie für meine wirklich wichtigen Aufgaben – und was sind denn überhaupt die wichtigen Aufgaben, die mir sogar noch Energie geben und mich in meiner Entwicklung fördern?

Michael Hyatt: Desire

Time is fixed, but Energy can flex.4

Michael Hyatt geht das Thema Selbstmanagement konsequent von der Energieseite her an: In seinem klugen Buch „Free To Focus. A total Productivity System to Achieve more by Doing less“ aus dem Jahr 2019 erläutert er gleich im 1. Teil, dass es darauf ankommt die richtigen Dinge zu tun. Sein „Freedom Compass“ besteht aus vier Quadranten, die sich aus den beiden Faktoren „Passion“ und „Proficiency“ ergeben. Ziel soll es sein sich immer mehr von der „Drudgery-Zone“5 zu entfernen und mehr und mehr in die „Desiree Zone“ zu kommen: Aufgaben, für die ich kompetent bin und für die auch mein Herz schlägt. Verbringe ich so viel Zeit wie möglich in dieser Zone, werde ich mich positiv weiter entwickeln, verspricht Hyatt.

Dr. Nikolaus Förster: Flow

Zu meiner großen Überraschung stellte Dr. Nikolaus Förster im Podcast von Lars Bobach „Hallo Fokus. Fokus auf das richtige Energielevel“6 exakt dieses Konzept dar, das ich bereits von Michael Hyatt kannte: Hier heißen die vier Felder „Frust“, Verpflichtung, Verzettelung und Flow. Sie entstehen wie bei Hyatt aus den Kombinationen der Variablen Kompetenz und Leidenschaft.

Zusammenhänge?

Als Theologe und Lehrer habe ich mich natürlich gefragt, ob sich hier einer vom anderen „bedient“ hat, oder ob beide unabhängig von einander auf dieselbe Idee gekommen sind. Aber dazu liegen mir leider nicht genug Informationen vor. Bei Michael Hyatt habe ich seit 2017 verfolgt, wie sich sein Ansatz entwickelt hat, von Dr. Förster fehlen mir die nötigen Informationen.

Wer von beiden also jetzt Ei und wer Henne ist, weiß ich nicht. Ich interpretiere diese seltsame Übereinstimmung mal als Betonung der Bedeutung dieses Konzeptes 😉.

(c) DALL-E

Fazit: Energiemanagement statt Zeitmanagement

Es lohnt sich diesem Konzept eine Chance zu geben und die eigenen Aufgaben einmal daraufhin zu sortieren, wo die eigene Kompetenz liegt und das Herz schlägt um sich und sein Arbeiten neu zu fokussieren. Richtung „Desire Zone“, wo der „Flow“ zu finden ist.


  1. Welche Werkzeuge habe ich gerade parat? Welche Aufgaben kann ich an nur an diesem Ort/ mit diesem Kollegen erledigen? ↩︎
  2. Wieviel Zeit habe ich zur Verfügung? ↩︎
  3. Die Weekly Big Three. ↩︎
  4. M.Hyatt (2019),67. ↩︎
  5. Aufgaben, zu denen ich keine Lust habe und zu deren Bearbeitung ich inkompetent bin. ↩︎
  6. Folge vom 27. Januar 2024. ↩︎

Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

2 Antworten zu „Zeit- vs Selbstmanagement“

  1. Avatar von Thomas Hörmann
    Thomas Hörmann

    Schön wieder von Ihnen zu lesen Herr Kamutzki!
    Ich habe schon mehrmals überlegt ob ich den Ansatz mal selbst auch verfolgen sollte. Vielleicht tu ich das mal?

    Zu der Frage nach den Urhebern finde ich es auch äußerst interessant zu sehen wie die Ideen und Ansätze von Michael Hyatt auch in Deutschland von anderen Autoren aufgegriffen werden.

    Zu Dr. Förster kann ich ebenfalls nichts sagen. Auffallend ist für mich eher Lars Bobach selbst, der bei seinen Selbstmanagement-Produkten extremste Ähnlichkeiten zu Michael Hyatt aufweist – und hier ist es definitiv so, dass Hyatt die Inhalte schon wesentlich vor Bobach publizierte. Da wird aus dem Full Focus Planner der Fokus-Planer, oder aus Your best year ever wird Dein bestes Jahr usw.

    1. Avatar von Michael Kamutzki
      Michael Kamutzki

      Lieber Herr Hörmann, ich teile Ihre Bobach-Hyatt-Beobachtungen und habe Lars Bobach auch schon einmal darauf hingewiesen. Die Parallelen seien nicht zufällig, meinte er, aber doch keine Kopien.